Wenn ein Baby schmerzhafte Erfahrungen während der Zeit im Mutterleib oder bei der Geburt gemacht hat, kann es sein, dass es mit ausgeprägten Schrei-Phasen reagiert. Diese können auch noch Wochen und Monate nach der Geburt einsetzen.

Vielleicht vermeidet Ihr Kind Augenkontakt, mag nicht gern berührt werden, wirkt abwesend oder ist beständig überreizt; diese Reaktionen können für Sie als Eltern extrem belastend sein und sie werfen Fragen auf, warum das kleine Menschenkind so unglücklich, verzweifelt oder abwesend ist. Das sorgt oft für tiefe Verunsicherung und kann sich auf die frühe Eltern-Kind-Beziehung auswirken.

 

Die integrative Babytherapie

ist ein für viele Menschen noch sehr unbekannter und vielleicht auch schwer vorstellbarer - Ansatz, mit diesen frühen Erfahrungen umzugehen.

Durch  jahrzehntelange Forschung im Bereich der prä- und perinatalen Psychologie und Medizin ist aber inzwischen bekannt, dass Geburtserlebnisse, die individuell als überfordernd erlebt wurden, auf Zellebene im körpereigenen System und Gewebe gespeichert sind. Während ein Säugling vor mehreren Jahrzehnten noch als reines Reflexwesen angesehen wurde, dem man sogar Schmerzempfinden abgesprochen hat, gilt heute als unumstritten, dass ein Neugeborenes, wenn es auf die Welt kommt, einen vielfältigen Erfahrungsschatz aus seiner pränatalen Zeit mitbringt und dieser ihn ein Leben lang begleitet.

Die häufigsten Gründe für prä- und perinatalen Stress, Trauma und Schock sind: ein nicht erwünschtes Kind zu sein, massiver Stress, Ängste und Trauma-Erfahrungen der Eltern während der Schwangerschaft, Abtreibungsgedanken oder –versuche, ein verlorener Zwilling, Frühgeburt oder künstliche Geburtseinleitung, Narkose und Medikamente, Vergiftungen (Alkohol, Nikotin, Drogen), chirurgische Interventionen (wie Kaiserschnitt, Zange, Saugglocke), Nabelschnurkomplikationen, Beckenendlage, fehlendes Bonding und vieles mehr.

 

Mir ist sehr bewusst, wie schwer es für Eltern ist, sich mit diesen Themen auseinander zu setzen. Jede/r wünscht sich den bestmöglichen Start für sein Kind und eine Auseinandersetzung mit diesen Themen spült oft eine ganze Kaskade von Schuld- und Schamgefühlen an die Oberfläche. Das ist sehr herausfordernd und der Wunsch wegzuschauen oder einfach zu hoffen, dass es sich schon finden wird, ist allzu menschlich und verständlich.

Gleichzeitig bietet sich hier aber auch eine wunderbare Chance:

Wenn wir den Mut aufbringen und uns dazu entscheiden können, der Vermeidung und Starre nicht die Führung zu überlassen, kann sich der Raum heilsam öffnen und echte Ent-Wicklung entstehen.

 

Aus meiner Erfahrung eignet sich diese noch relativ neue therapeutische Richtung zur Erforschung und Lösung von Stress, Trauma und Schock, deren Ursachen in der Zeit vor und während der Geburt liegen, in der Regel für Kinder die:

- eine sehr lange, sehr kurze oder sehr schwierige Geburt hatten

- lang anhaltend und untröstlich weinen und schreien

- nur schwer Ruhe finden und sich auch mit dem Schlafen schwer tun

- mit Herausforderungen beim Stillen/ Essen kämpfen

- wenig in Kontakt gehen und kaum Augenkontakt zulassen

- sichtbare Veränderungen in der Kopfstruktur haben

- Auffälligkeiten in der Entwicklung zeigen u.v.m. ... 

 

Und wie kann ich mir eine Therapiesitzung mit einem Baby vorstellen? 

Im Zentrum der integrativen Babytherapie steht die Orientierung zur Gesundheit. Egal, was dem Embryo, dem Fötus, dem Baby, dem Kleinkind und seinen Eltern passiert ist, es gibt immer eine gesunde Ebene der ureigenen (Lebens-)Kraft und Potenziale, die gleichzeitig da ist. Und genau hier wird angeknüpft. Die Arbeit richtet sich darauf aus, dass sich die Familie nicht mit dem Trauma, der Überwältigung oder Wunde identifizieren muss, sondern mit dem was intakt und heil ist in Verbindung kommen kann. 

 

Ganz praktisch wird vor allem ein sicherer Raum für jeden einzelnen und für die Familie als Ganzes kreiert. Der Leitgedanke ist: Jede:r ist so willkommen, wie er/sie ist und jede Person im Familiensystem ist genauso wichig, wie das System als Ganzes. Außerdem hat jede/r die Wahl. Im Sinne der gegenseitigen Zusammenarbeit und Unterstützung machen alle nur das, was wirklich für alle stimmt. Ein authentisches "Nein" ist hierbei viel hilfreicher als ein angepasstes "Ja". So wird jede Idee für mögliche Angebote zunächst benannt und um Erlaubnis gebeten. Die ganze Sitzung verläuft in großer Achtsamkeit und behutsamen Tempo, so dass sich jeder Schritt auch wirklich integrieren kann.

Experte für die Sitzung ist stets das Baby!

Die Aufmerksamkeit liegt darauf, was das Baby/ Kleinkind mit seiner Baby-Körpersprache zeigen möchte. Das Baby übernimmt in diesem Prozess stets die Führung und bringt zum Ausdruck, was in seinem Erleben gerade "dran ist". Hier geht es darum, dem Baby Raum zu geben, sich ihm anzuvertrauen und das Geschehen weder beeinflussen noch in eine bestimmte Richtung steuern zu wollen. Gleichzeitig werden die Eltern dabei unterstützt ihre eigenen Ressourcen zu finden und zu vertiefen, so dass sie den Geschichten ihres Kindes empathisch zuhören und ihm Halt geben können.

Diese sanfte, respektvolle Begleitung unterstützt und ermutigt die Babys/ Kinder, ihre Lebensgeschichte aus ihrer ganz eigenen Sicht zu erzählen. Sie eröffnet ihnen die Möglichkeit Erlebnisse, in denen sie sich hilflos, ohnmächtig oder ausgeliefert gefühlt haben, zu vervollständigen und zu einem guten Abschluss zu bringen. Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit, Kraft und Bewegungsmöglichkeiten ermöglicht auf neuronaler Ebene eine Neuverknüpfung in Richtung Gesundheit. Das Kind kann auf dieser Basis vielleicht eine Entwicklungsphase abschließen und sich für die aktuellen Lebensbereiche leichter öffnen. 

 

Ursprung

Die „Integrative Baby-Therapie“ hat ihre Wurzeln in der Prä- und Perinatal-Psychologie, der Körperpsychotherapie und der Cranio-Sacral-Therapie. Sie berücksichtigt auch neuere Forschungen aus den Bereichen der Selbstregulation, Neurobiologie, Epigenetik, biodynamischen Embryologie, der Bindungstheorie, Traumatologie, Bewusstseinsforschung und interkulturelle Studien.


Zusammengefasst

würde Matthew Appleton (mein Mentor und hochgeschätzter Babytherapeut) das in etwa so beschreiben:

Die Geburt ist eine archetypische Reise, eine Erfahrung, eine Initiation, die uns alle interessieren sollte und die uns alle geformt hat. 

Babys enthüllen ihre vorgeburtlichen Eindrücke und Geburtserfahrungen durch eine universelle Baby-Körpersprache über spezifische Gebärden, Gestik, Mimik und eine bestimmte Art des Weinens. Diese ganz subjektiven Erlebnis"berichte" der Babys bleiben leider meist ungehört, in der Regel, weil wir nicht gelernt haben ihnen zu lauschen und sie zu verstehen.

Gelingt es aber den Geschichten auf eine besondere Art und Weise genau zu zuhören, die Babys dabei in ihren ureigenen Empfindungen ernst zu nehmen und liebevoll, empathisch darauf einzugehen, können sich Anzeichen wie das untröstliche Weinen und z.B. Schlafstörungen, Essprobleme, Unruhezustände und Verdauungsschwierigkeiten Schritt für Schritt reduzieren.

Dies ermöglicht oft einen tieferen Kontakt und eine intensivere Ver-Bindung zwischen Babys und ihren Eltern. Und so kann schon die mitfühlende und bestärkende Präsenz der Eltern und Bezugspersonen, die sich durch das neu gewonnene Verständnis ergibt, eine tiefgreifende Veränderung bewirken.

 

Brauchen Babys Therapie? Gespräch mit Matthew Appleton - englisch mit deutschen Untertiteln: https://www.youtube.com/watch?v=oSstx_z4gZc&t=272s

 

Nähere Einblicke in die bindungsorientierte Begleitung während der Schwangerschaft folgen in Kürze. Wem das zu lange dauert, ist herzlich eingeladen mich anzurufen und telefonisch mehr zu erfahren.